Portrait
Gerfried Göschl. 1972 - 2012. Gerfried ist ein Steirer aus Liezen, mitten aus einem Bergsteigerparadies mit genialen Möglichkeiten zwischen dem Dachstein und dem Gesäuse. Geb. am 03.10.1972 lebt er dort mit Ehefrau Heike sowie den Töchtern Hannah und Helena. Er ist ausgebildeter Diplompädagoge für Hauptschulen, Erlebnispädagoge sowie systemischer Jugend- und Familienberater.
Als staatlich geprüfter Instruktor Hochtouren leitet er Bergfahrten sowie Expeditionen u.a. für den Österreichischen Alpenverein und ist Mitglied beim Alpinen Rettungsdienst Gesäuse.
Als Top-Höhenbergsteiger verfügt er über das spezielle know how, das es ihm ermöglicht außergewöhnliche, innovative Ideen zu entwickeln und in den höchsten Gebirgen der Erde umzusetzen. Zahlreiche Projekte hat er als Initiator, Organisator und Leiter vorbereitet und ohne künstlichen Sauerstoff und ohne Trägerhilfe umgesetzt. Unter anderem bestieg Gerfried Göschl 2005 den Mount Everest (8.848m) als erster Österreicher ohne künstlichen Sauerstoff und ohne Trägerhilfe. Den Gipfel des Nanga Parbat (8.125m) erreichte er 2009 über eine neue Route im Alpinstil – ohne Trägerhilfe, Lagerkette und Fixseile.
Auszeichnungen für seine Leistungen erhielt Gerfried Göschl von der Gemeinde Liezen und dem Land Steiermark mit dem Ehrengeschenk der Steirischen Landesregierung und dem Goldenen Landessportehrenzeichen.
Gerfried Göschl über Ideen, Strategie, Geld und seine Philosophie am Berg.
(Das Gespräch führten Walter Würtl & Gerfried Göschl, vollständig nachzulesen im ÖAV Magazin „Bergauf“, 04/2011)
Wie kann man sich Ideen des Gerfried Göschl konkret vorstellen?
Momentan arbeite ich mit meinem Team an der Verwirklichung der ersten Winterüberschreitung eines Achttausenders. Das noch dazu über eine neue Route.
Mir geht es dabei und auch bei meinen letzten Expeditionen um die Umsetzung reizvoller Ideen, auch wenn das Scheitern dabei wahrscheinlicher ist. Ich kenne noch so viele absolut traumhafte 6.000er und 7.000er, die noch unbestiegen sind – dort möchte ich hinfahren. Neue Routen fallen einem aber nicht zu, sondern werden in der Regel über Jahre akribisch erarbeitet. Dabei geht es v.a. darum, machbare Routen zu entdecken, das braucht Auseinandersetzung und auch eine gute internationale Vernetzung. Irgendein „wildes Ziel“ zu formulieren ist einfach, doch die Umsetzung sollte auch möglich sein – ich gehe ja nicht zum Sterben dahin.
Man sagt dir nach, ein guter Stratege zu sein. Wie schauen die Expeditionen des Gerfried Göschl aus?
Ich habe schon früh begonnen Schach zu spielen und kann daraus für den Bergsport sehr viel ableiten. Ich bin da wie dort kein Draufgänger. Es geht darum sich mit Geduld und Weitblick viele kleine Vorteile anzuhäufen, um schließlich zum Erfolg zu kommen.
Kannst du von deinen Expeditionen leben?
Ich kann davon momentan mein Leben bestreiten und bin somit Profibergsteiger. Jedoch im Unterschied zu anderen Profibergsteigern habe ich nicht die Freiheit aufzubrechen wohin ich will, sondern ich organisiere Expeditionen mit mehr Teilnehmern, bei denen ich auch selbst dabei bin, um dann auch wieder meine persönlichen Ziele umsetzen zu können. Ich bekomme nichts geschenkt und arbeite konsequent jeden Tag an meinen Plänen
Wie stehst du zum Thema künstlicher Sauerstoff und Fixseile?
Für mich persönlich ist künstlicher Sauerstoff kein Thema. Als Expeditionsleiter würde ich meinen Gästen die Verwendung von Sauerstoff empfehlen und natürlich gehen die Träger auch mit Sauerstoff. Das gleiche gilt für die Verwendung von Fixseilen oder das gesicherte Gehen am Gletscher. Obwohl das höchste immer die Umsetzung des Alpinstils ist, kann man manchmal aus Sicherheitsgründen einfach nicht auf Fixseile verzichten – wichtig dabei ist nur, dass man es hinterher auch so sagt.
Wie ordnest du deine Leistungen im internationalen Vergleich ein bzw. wo spielt sich deiner Meinung nach der Spitzenalpinismus ab?
Es geht mir nicht nur um die reine Leistung, sondern auch sehr stark um die Philosophie und das Gesamtpaket. Da unterscheiden wir uns sehr von anderen die beispielsweise auch im Winter unterwegs sind – bei denen zählt der Gipfel, egal wie. Das mit dem Spitzenalpinismus muss man differenziert sehen, da es so viele unterschiedliche Disziplinen gibt. Gleich wie man Fußball, Volleyball und Basketball nicht miteinander vergleichen kann, kann man auch das Winterbergsteigen in großen Höhen nicht mit Freesolobegehungen im X. Grad vergleichen. Man sollte solche Vergleiche auch gar nicht versuchen, sondern beides anerkennend neben- einander stehen lassen.
Was würdest du dir in alpinistischer Hinsicht wünschen?
Wenn meine Philosophie des Bergsteigens mehr Leute infizieren würde. Wenn der Focus der Sponsoren weg von schneller, höher, weiter hin zu Projekten gehen könnte bei denen die Geschichte dahinter zählt.
Alpiner Lebenslauf
Alle Gipfel und Versuche wurden im Alpinstil und ohne Sherpahilfe erklommen!
1999: Momhil Shar (7454m), Pakistan, Versuch einer Neuroute, Abbruch auf 6500m wegen Lawinengefahr
11.07.2001: Muzthag Ata (7546m), Westchina, Besteigung mit Ski
03.05.2002: Cho Oyu (8201m), Tibet
26.01.2003: Aconcagua (6962m), Südamerika, Alleingang
Juni 2003: Hidden Peak (8080m), Pakistan, Abbruch auf 7500m im Schneesturm
04.07.2003: Gasherbrum 2 (8035m), Pakistan
25.04.2005: Yebokangial Peak (7068m), Tibet
03.05.2005: Shisha Pangma Hauptgipfel (8027m), Tibet
01.06.2005: Mount Everest (8848m), Tibet. Besteigung im Alleingang. Trotz zahlreicher Versuche von vielen Spitzenhöhenbergsteigern aus aller Welt gelang weltweit erstmals die Besteigung von Shisha Pangma (8027m) und Mount Everest (8848m) in einer Saison
20.07.2007: Broad Peak (8047m), Pakistan
August 2007: K2 (8611m), Pakistan, zwei Versuche scheiterten wegen zu großer Lawinengefahr auf 7700m
11.07.2009: Nanga Parbat (8125m), Pakistan. Neue Route!
August 2009: K2 (8611m), Pakistan, zwei Versuche scheiterten wegen Schneemassen und zu großer Lawinengefahr auf 8300m
15.03.2011: Hidden Peak (8080m), Pakistan. Umkehr auf 7000m aufgrund zu starker Höhenwinde
13.07.2011: Hidden Peak (8080m), Pakistan. Gipfelerfolg im Rahmen der 8000plus G1 - K2 Expedition 2011
05.08.2011: K2 (8611m), Pakistan. Stürmischer Wind zwingt zur Umkehr auf 7800m
Jänner bis März 2012: Hidden Peak Winterexpedition.
Ziele
Durch seine bisherigen Erfolge bestärkt, wollte sich Göschl weiterhin vor allem Winter-Erstbesteigungen und Neurouten an den höchsten Bergen der Welt zuwenden. Beides sind Segmente im Höhenbergsteigen, die aufgrund der extrem großen Schwierigkeiten und Herausforderungen kaum versucht werden.
Energie wollte Göschl aber auch in die Katastrophenhilfe und den weiteren Bau von Schulen in Pakistan stecken.
Publikationen, Vorträge & Film
Neben Artikeln in der Tagespresse und Fachjournalen, sowie zahlreichen Vorträgen in ganz Österreich, mehrere TV-Auftritte. Dokumentationen über Gerfried Göschl wurden bei Bergfilmfestivals im In- und Ausland, bei der Extremsportfilmnacht in ganz Österreich und in TW1 ausgestrahlt. Bisher wurden zwei Filme über sein bergsteigerisches Schaffen gedreht:
Atemlos. 2005, Hubert Riegers Film über Göschls Doppel-Besteigung von Shisha Pangma und Mount Everest.
Spuren für die Ewigkeit - Neuroute am Nanga Parbat. 2009, Regie: Hubert Rieger. Dokumentarfilm über die Expedition auf den Nanga Parbat 2009, Erstbegehung der Route “Austro-Canadian North-West Buttress”.
Der letzte Weg. 2012, von P.H. Stauber. Eine Hommage an einen der weltweit besten und erfolgreichsten Höhenbergsteiger. Ein Film, in dem Familie und eine feinfühlige Filmcrew den Menschen Gerfried in den Mittelpunkt rücken.